Erektile Dysfunktion, Erektionsstörungen, Potenzstörungen

Man spricht von einer erektilen Dysfunktion (ED), bzw. von Erektionsstörungen, wenn es einem Mann über einen gewissen Zeitraum hinweg nicht gelingt, eine, für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende, Erektion (Versteifung) des Penis zu erreichen und aufrecht zu erhalten.

Eine Erektion resultiert aus einem komplexen Zusammenspiel von nervösen, hormonellen, vaskulären (die Gefäße betreffenden) und natürlich auch psychischen Faktoren. Dabei erhöht sich die Blutzufuhr in die Schwellkörper um ein Vierfaches. Da der Blutabfluss gleichzeitig stark gedrosselt ist, kommt es zu einer Blutansammlung in den Hohlräumen der Schwellkörper und damit zur Erektion. Diese „Mechanik“ kann stattfinden, indem sich die glatten Muskelzellen (nicht willentlich beeinflussbar) in den Hohlräumen der Schwellkörper entspannen und so Raum für die erhöhte Blutzufuhr schaffen. Die Entspannung der glatten Muskelzellen wird durch die Freisetzung bestimmter Botenstoffe (Transmitter) hervorgerufen, was wiederum durch eine Stimulation nervlicher Reize hervorgerufen wird. Findet diese normale „Mechanik“ nicht mehr statt, kann dies vielfältige Ursachen haben.

Ursachen

Generell wird bei der erektilen Dysfunktion zwischen organischen oder psychologischen (psychichen, seelischen) Ursachen unterschieden: Typische Ursachen einer erektilen Dysfunktion sind eine nicht ausreichende Durchblutung, krankhafte Veränderungen des Zellgewebes, gestörte physiologische Vorgänge sowie Störungen bei der nervlichen Reizweitergabe. Aber auch psychische Faktoren wie Versagensangst oder Stress können dieses komplexe System stören, da vegetative, willentlich nicht steuerbare Funktionnen die Erektion wesentlich mit beeinflußen. Der Anteil psychologischer Ursachen ist bei jüngeren Patienten unter 35 Jahren mit ca. 70 % am häufigsten. Je älter die Patienten desto stärker dominiert der Anteil organischer Ursachen.

Risikofaktoren

Eine Reihe von Risikofaktoren sowie Erkrankungen begünstigen die Entstehung einer erektilen Dysfunktion bzw. treten häufig in Verbindung mit einer erektilen Dysfunktion auf. Hierzu gehören vor allem Herzkreislauferkrankungen sowie Arteriosklerose. So kann eine erektile Dysfunktion in vielen Fällen als Vorbote eines bevorstehenden Herzinfarktes oder Schlaganfalls interpretiert werden, so dass in jedem Fall eine Abklärung durchgeführt werden sollte. Weitere mögliche Ursachen sind Diabetes mellitus, Fettleibigkeit (Adipositas), Bluthochdruck, Gefäßfehlbildungen, Giftstoffe, wie Alkohol, Nikotin sowie Medikamente: Psychopharmaka wie Tranquilizer, die häufig zum Schlafen eingenommen werden, Neuroleptika, Halluzinoge, Hypnotika beeinflußen die Sexualfunktion.

Der diagnostische Prozess

Körperliche Untersuchung:
Bei der körperlichen Untersuchungen wird das Hauptaugenmerk auf das Vorliegen typischer ursächlicher Vorerkrankungen gelegt, sowie auf spezielle Erkrankungen (Vorhautverengung, gut- oder bösartige Prostatavergrößerung, Hodentumor), die ursächlich für eine ED sein können. Zudem wird eine Hormonbestimmung durchgeführt. Der Hormonstatus beinhaltet, insbesondere bei herabgesetzter Libido (sexuelles Verlangen), die Bestimmung von Testosteron und Prolaktin. Ebenfalls sollten die Blutfettwerte untersucht und ein Tages-Blutzuckerprofil erstellt werden.

Sexualanamnese
Eine genaue sexuelle Befragung ist wegen der psychischen Faktoren (z.B. partnerschaftsbedingte Probleme, Hemmungen wegen unterschiedlicher sexueller Vorlieben, unerfüllt gebliebener Kinderwunsch) extrem wichtig. Oft können schon in einem ersten Gespräch psychologische Ursachen festgestellt werden, die als eigentliche Ursache einer ED in Frage kommen.

Erhebung bzw. Messung der nächtlichen Erektionen
Da beim gesunden Mann im Tiefschlaf (REM-Phasen) unwillkürliche Erektionen auftreten, werden diese vor weiteren Untersuchungen zuerst erfragt bzw. mit Hilfe von speziellen Messgeräten überprüft. Mit der sogenannten nokturnen penilen Tumeszenz-Messung (NTP) kann die Häufigkeit und Dauer nächtlicher Erektionen (normalerweise 4 – 7 mehr oder minder starke Erektionen pro Nacht) gemessen werden. Diese Untersuchung erlaubt einen ersten Ansatz zur Unterscheidung zwischen einer psychischen und organischen Ursache, da beim Vorliegen nächtlicher Erektionen davon auszugehen ist, dass keine organischen Ursachen bestehen.

Ultraschalluntersuchung
Mittels Ultraschalluntersuchung können die Blutflusseigenschaften im Penis festgestellt werden. Dabei werden die Ruheflusswerte der penilen Gefäße im nichterigierten Zustand ermittelt.
Nach Verabreichung des vasoaktiven Mittels, das durch starke Zunahme der arteriellen (?) Penisdurchblutung zu einer unwillkürlichen Erektion führt. Eine farbkodierte Dopplersonographie mittels Ultraschall ist hifreich, da mittels dieser Untersuchung das Ergebnis objektiviert werden kann, wenn die maximalen Flußkurven im erigierten Zustand gemessen werden.
Damit kann eine mögliche gefäßbedingte Ursache der Potenzstörung erkannt werden. In seltenen Fällen besteht ein krankhafter Abfluß des Blutes aus dem Schwellkörper, so dass dieser das Blut für eine Erektion nicht halten kann.

Schwellkörper-Injektions-Test (SKIT)
Mit dem sogenannten Schwellkörper-Injektions-Test (SKIT) kann die Schwellkörperfunktion untersucht werden. Hierbei wird der Botenstoff Prostaglandin E1 in den Schwellkörper injiziert. Bei funktionsfähigen Schwellkörpern sollte dabei innerhalb von 15 Minuten eine Erektion erreicht werden, die über 15 bis 40 Minuten anhält.

Corpus Cavernosum EMG
Beim sogenannten wird eine Ableitung der Nervenpotentiale an den glatten Muskelzellen (?) in den Schwellkörpern mittels Oberflächenelektrode durchgeführt. Die glatten Muskelzellen werden ca. alle 15 - 20 Sekunden von Nervenimpulsen versorgt. Mit dem CCEMG (Corpus Cavernosum EMG) kann man dabei organische Funktionsstörungen gut von psychisch bedingten Erektionsstörungen unterscheiden.

Therapiemöglichkeiten bei Erektionsstörungen

Die Therapie einer erektilen Dysfunktion richtet sich nach den jeweiligen Ursachen, wobei mit den mittlerweile zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapieverfahren fast jede Form der erektilen Dysfunktion behandelt werden kann.

Sexualpsychotherapie

Wenn eine organische Ursache ausgeschlossen werden kann, sollte eine Sexualpsychotherapie die erste Behandlungsoption darstellen, da auftretende Erektionsstörungen vor allem bei jüngeren Patienten in den meisten Fällen auf psychosoziale und paarbezogene Ursachenfaktoren zurückzuführen sind (s. Psychotherapie).

Medikamentöse Therapie

Besonders erfolgreich haben sich die sogenannten PDE-5-Hemmstoffe (Phosphodiesterase) erwiesen. Diese führen zu einer Erschlaffung der glatten Muskelzellen in den Schwellkörpern, wodurch Raum für eine für die Erektion notwendige erhöhte Blutzufuhr geschaffen wird. Derzeit sind in Deutschland die PDE-5-Hemmer Sildenafil, Vardenafil und Tadalfil zugelassen, die sich nach Wirkeintrittszeiten sowie Wirkdauer unterscheiden. Die Erfolgsquote der PDE-5-Hemmstoffe liegt im Mittel bei ca. 50 %. Sie wirken allerdings nicht bei kompletter Schädigung der für die Erektion zuständigen Nerven.
Allerdings haben diese Medikamente auch Nebenwirkungen wie zum Beispiel rot werden des Kopfes (Flush) oder eine verstopfte Nase. Männer, die gleichzeitig Medikamente einnehmen, welche die Herzkranzgefäße erweitern (Nitrite), dürfen diese Medikamente nicht einnehmen. .

Schwellkörper- Autoinjektions- Therapie (SKAT)

Bei der sogenannten Schwellkörper- Autoinjektions- Therapie (SKAT) wird der Botenstoff PGE1 (Prostaglandin E1) vom Betroffenen selbst direkt in die Schwellkörper injiziert. Nach etwa 10 Minuten kommt es zu einer unwillkürlichen Erektion. In einem Test muss mit dem Arzt im Vorfeld der Therapie die individuelle Dosis ermittelt sowie die richtige Injektionstechnik erlernt werden. Die Erfolgsquote dieser Behandlungsmethode liegt bei gefäßbedingten Störungen bei 70 bis 85 Prozent. Bei neurologisch bedingten Ursachen liegt die Erfolgsquote bei nahezu 100 Prozent. Besonders häufig wird SKAT bei Diabetikern sowie Männern angewendet, die durch eine Radikaloperation an der Prostata ihre Erektionsfähigkeit verloren haben.

PGE1-Applikation

Eine alternative nicht invasive Behandlung ist das selbst in die Harnröhre eingebrachte PGE1 (Prostaglandin). Bei dem Verfahren wird der Wirkstoff über ein in die Harnröhre eingeschobenes Plastikröhrchen in die Schwellkörper transportiert. Das Verfahren eignete sich für Betroffene, die eine Selbstinjektionstherapie ablehnen. Die Wirkung tritt nach etwa 20 Minuten ein. Eine Wirksamkeit wurde bei etwa 40 Prozent der Betroffenen festgestellt.

Pflanzliche Arznei Yohimbin

Yohimbin ist eine Substanz, die aus einer westafrikanischen Pflanze gewonnen und dort schon seit vielen Jahren als Potenzmittel benutzt wird. Yohimbin wirkt durch eine Blockade von bestimmten Rezeptoren (alpha 2) im Gehirn und eignet sich vor allem bei Männern mit psychogenen erektilen Störungen. Die Wirksamkeit wurde in verschiedenen Studien wissenschaftlich untersucht.
Vor dem Einsatz von PDE -5 Hemmern kann in vielen Fällen Yohimbin erfolgreich eingesetzt werden. Allerdings können bei dem Mittel in seltenen Fällen auch unerwünschte Nebenwirkungen, wie Schwindel, Herzrasen oder Schlafstörungen auftreten.

Vakuumpumpe

Als erfolgversprechende Therapie eignet sich auch das sogenannte Vakuumerektionssystem (Vakuumpumpe). Bei dem Verfahren wird ein Zylinder über den Penis gestülpt, über den mit Hilfe einer Pumpe ein Vakuum erzeugt wird. Das Vakuum führt zu einem vermehrten Bluteinstrom in die Schwellkörper, was zu einer Erektion führt. Ein Gummiring, der an die Penisbasis verschoben wird, verhindert den Blutabfluss aus dem Penis.
Die Vakuumpumpe eignet sich bei gefäßbedingten und psychogenen Erektionsstörungen.